Skip to main content Deutsch

Neurochirurgische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter

Sorry, this content is only available in German!

Die neurochirurgische Erkrankungen im Kindes-​ und Jugendalter unterscheiden sich teilweise ganz erheblich von denen des Erwachsenen. So hat sich die "Pädiatrische Neurochirurgie" zunehmend als eine eigenständige Subspezialität im Neurochirurgischen Fachgebiet entwickelt.

Für eine optimale Versorgung unserer kleinen Patient:innen arbeiten wir eng mit Ärzt:innen und Spezialist:innen aus diversen medizinischen Bereichen zusammen, wobei die Kinder im Rahmen der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde prä- und postoperativ versorgt werden. 

Dabei nehmen die multidisziplinären Pädiatrischen Boards eine Schlüsselfunktion ein. Unser gemeinsames Ziel ist es, den erkrankten Kinder oder Jugendlichen eine individualisierte umfassende Therapie zukommen zu lassen.Die Pädiatrische Neurochirurgie an unserer Klinik vereint in diesem Sinne alle neurochirurgisch-operativen Erfahrungen und Techniken mit speziellen kinderneurochirurgischen Fokussierung.

Die häufigste Krankheitsbilder in der pädiatrischen Neurochirurgie sind: 

Arachnoidalzysten (leptomeningeale Zysten) sind mit Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit (Liquor) gefüllte Hohlräume in den Membranen der weichen Hirnhaut (Arachnoidea). Es handelt sich um gutartige, in den meisten Fällen angeborene Zysten, die während der Embryonalentwicklung durch eine Spaltung der Arachnoidea entstehen können. Selten bilden sich Arachnoidalzysten auch als Folge von Schädel-Hirn-Traumata.

Arachnoidalzysten verursachen keine Beschwerden, werden zufällig entdeckt und müssen auch nicht behandelt werden, außer wenn die entstandenen Raumforderungen andere Gehirnstrukturen in ihrer Funktion beeinträchtigen und somit auch Symptome wie Kopfschmerzen, Krampfanfälle, Entwicklungsverzögerungen bei Kindern, und neurologische und kognitive Defizite und Dysfunktionen verursachen. 

In diesem Fall wird bei intrakraniellen Zysten (Arachnoidal- oder Kolloidzysten) eine operative Therapie in Erwägung gezogen. Durch die endoskopische Zystenfensterung, eine minimal-invasive, schonende und effektive Operationsmethode, wird unter neuronavigatorischem Monitoring die Zystenwand über ein kleines Bohrloch im Schädelknochen geöffnet und somit die Verbindung zu den Hirnwasserräumen geschaffen.

Bei der Epilepsie, einer der häufigsten chronischen Erkrankungen des Zentralnervensystems, kommt es im gesamten Gehirn oder in einzelnen Hirnarealen zu einer simultanen übermäßigen elektrischen Signalübertragung zwischen Nervenzellen. Das verursacht eine vorübergehende Störung der Hirntätigkeit, wodurch die sogenannten epileptischen (Krampf)Anfälle ausgelöst werden.

Viele Epilepsieformen beginnen bereits im Kindesalter. Mögliche Ursachen für Epilepsien sind Hirnfehlbildungen (fokale cortikale Dysplasien), Hirntumore, vor oder während der Geburt entstandene Hirnschäden sowie Hirnhautentzündungen und schwerwiegende Kopfverletzungen, wobei bei manchen Epilepsien keine Ursachen erkannt werden können.

Man unterscheidet fokale Epilepsien, bei denen der Anfall von einer bestimmten klar abgrenzbaren Hirnregion ausgeht, auch epileptogener Herd oder Fokus genanntund generalisierte Epilepsien, wo der Anfall beide Gehirnhälften gleichzeitig umfasst.

Ein Team aus Spezialist:innen aus verschiedenen Fachgebieten analysiert gemeinsam jeden individuellen Fall, um die bestmögliche Behandlung für jedes einzelne Kind zu finden. Zwei Drittel der Patient:innen mit Epilepsie können durch Medikamente anfallsfrei werden, aber bei etwa 30% ist die Erkrankung therapierefraktär bzw. pharmakoresistent. Je nach Ursache der Epilepsie, des Orts und der Ausdehnung des kranken Gewebes wird eine andere Operationstechnik angewendet. Das können mikrochirurgische Eingriffe sein, aber auch minimalinvasive Methoden wie die Roboter- und MR-gesteuerte Laserablation.

Die Epilepsiechirurgie stellt eine besonders wirksame Behandlungsoption und eine weitere Chance auf Anfallsfreiheit dar. Je früher die Kinder abgeklärt und einer möglichen Operation zugeführt werden, desto besser stehen die Chancen für eine normale Entwicklung des Gehirns. Eine der Voraussetzungen für eine erfolgreiche Operation ist eine möglichst genaue Abgrenzung des Epilepsieursprungs, durch bildgebende Verfahren, Anfalls-Monitoring oder gelegentlich durch das direkte Einsetzen von Elektroden. Im Rahmen einer mehrstündigen Operation wird dann das präzis definierte kranke Hirngewebe, die sogenannte Läsion, ohne benachbarte Hirnareale zu schädigen entfernt bzw. vom Gehirn „abgekoppelt“ .

Durch die wissenschaftlichen und medizinisch-technischen Fortschritte in der Neurochirurgie, der Anästhesie und Intensivmedizin sind epilepsiechirurgische Eingriffe heutzutage sehr sicher und können auch schon bei Kleinkindern im 1. Lebensjahr durchgeführt werden.

Neben der gezielten neurochirurgischen Entfernung von Epilepsieherden im Gehirn kommen auch die minimal-invasive Implantation von Vagus-Nerv-Stimulatoren (VNS-Systeme) oder die Tiefe Hirnstimulation (DBS) zum Einsatz. Das Verfahren der Vagus-Nerv-Stimulation ermöglicht, ohne direkte chirurgische Eingriffe durchzuführen, eine erfolgreiche Behandlung schwerster Epilepsieformen, ausschließlich durch die Stimulation des Nervus Vagus über einen speziellen „Nervenschrittmacher“.

Unsere Ziele sind:

  • Umfangreiche Information der Patient:innen und Angehörigen über Erkrankung, Diagnose, Therapie und bei Bedarf Nachbehandlung
  • Anfallsfreiheit bzw. Anfallsreduktion
  • Reduktion der Medikamenteneinnahme und -nebenwirkungen
  • Hohe Lebensqualität, Weiterentwicklung des geistigen, motorischen und sozialen Potentials unserer epilepsiekranken Patient:innen

Unsere Klinik arbeitet mit dem Epilepsiezentrum der Universitätsklinik für Neurologie und der Ambulanz für erweiterte Epilepsiediagnostik der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde zusammen.

Der Hydrozephalus, auch Wasserkopf genannt, entsteht durch eine Ansammlung überschüssiger Flüssigkeit (Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit, Liquor cerebrospinalis) in den Hohlräumen des Gehirns (Ventrikel, Gehirnkammern) und/oder im Subarachnoidalraum, zwischen den beiden Hirnhäuten, Pia mater und Arachnoidea mater. Liquor wird, um Hirn und Rückenmark zu reinigen und nähren, ständig produziert und sollte weiter abfließen und ins Blut aufgenommen werden. Geburtsfehler, Spina bifida, Hirnblutungen oder Hirntumoren können die Abflussbehinderung verursachen und es kommt zu einem erhöhten Druck in den Ventrikeln, wodurch das Hirn zerdrückt wird. Da die Schädelknochen beim Säugling noch nicht zusammengewachsen sind, führt der Platzmangel zu einer starken Ausdehnung des Schädels und zu Entwicklungsverzögerungen.

Die Diagnose wird vor der Geburt im Rahmen der pränatalen Ultraschalluntersuchung oder postnatal mithilfe von Computertomografie (CT), Ultraschall oder Magnetresonanztomografie (MRT) gestellt. 

Zur Druckverminderung und Entlastung des Gehirns wird der Liquor cerebrospinalis operativ mittels eines in die Gehirnventrikel platzierten Plastikröhrchens, eines Shunts, bis in die Bauchhöhle abgeleitet, wo es absorbiert wird. Einige Kinder brauchen, wenn sie älter werden, keinen Shunt mehr; dennoch wird er aufgrund des Blutungs- und Verletzungsrisikos im Allgemeinen nur selten entfernt.

Bei manchen Kindern wird eine Ventrikulostomie durchgeführt. Bei diesem Verfahren wird zur Behandlung des Hydrozephalus eine Öffnung zwischen einem Ventrikel und dem Subarachnoidalraum im Gehirn geschaffen. Durch diese Öffnung kann die überschüssige Flüssigkeit abfließen und absorbiert werden.

© Pepermpron/Shutterstock.com

Die Spina bifida (offener Rücken) ist eine angeborene Fehlbildung der Wirbelsäule und des Rückenmarks, die in der 3. bis 4. Schwangerschaftswoche entsteht.

Die Folgen des offenen Rückens können leichte Gehbehinderungen sein, aber auch Querschnittslähmung und geistige und funktionelle Störungen. Eine häufige, schwere Komplikation ist der Hydrozephalus.

© Pepermpron/Shutterstock.com

Dabei kommt es als Folge der Spina bifida zum Flüssigkeitsstau im Hirnkammer-System mit gefährlichem Hirndruckanstieg. Durch Ultraschalluntersuchungen sowie Fruchtwasser- und Bluttests in der Pränataldiagnostik kann man eine Spina bifida schon vor der Geburt diagnostizieren. Gleich nach der Geburt müssen die offenen Stellen des Rückenmarks mikrochirurgisch verschlossen werden. 

Die Kraniosynostose ist eine angeborene Fehlbildung des Hirnschädels und entsteht durch die vorzeitige Verknöcherung einer oder mehrerer Schädelnähte (Wachstumszonen des Schädels), die zum Teil schon pränatal beim ungeborenen Kind beginnt. Es kommt zu einer Störung des Kopfwachstums sowie zu Schädelmalformationen und -assymetrien. Dies kann kosmetische und psychosoziale Probleme, aber auch Entwicklungsstörungen in unterschiedlichem Ausmaß zufolge haben..

Die seltenen syndromalen Kraniosynostosen entwickeln sich im Rahmen von genetischen Krankheiten. Die häufigsten mit Kraniosynostosen assoziierten Syndrome, die in den vergangenen Jahrzehnten diagnostiziert wurden, waren Apert-, Crouzon-, Muenke-, Pfeiffer-, Saethre Chotzen, und Turner-Syndrom. 

Die seltenen nicht syndromalen Kraniosynostosen sind häufiger und werden nach den Hauptnähten (lat. sutura) des Schädels und den daraus erfolgten Malformationen strukturiert :

Skaphozephalus oder Dolichozephalus (Kahnschädel, Langschädel): vorzeitiger Verschluss der Sutura sagittalis (Pfeilnaht).

Trigonozephalus (Dreiecksschädel): vorzeitiger Verschluss der Sutura metopica (Stirnnaht).

Frontaler Plagiozephalus (vorderer Schiefkopf): vorzeitiger einseitiger Verschluss der Sutura coronalis (Kranznaht).

Okzipitaler Plagiozephalus (hinterer Schiefkopf): oft lagerungsbedingt, sehr selten vorzeitiger einseitiger Verschluss der Sutura lambdoidea (Lambdanaht)

Brachyzephalus (Kurzschädel, griech. brachys = kurz): vorzeitiger beidseitiger Verschluss der Kranznähte (Sutura coronalis), häufig bei syndromalen Formen Der Schädel wird zuerst kürzer, kompensatorisch wächst er in die Höhe, so entsteht dann ein Turrizephalus (Turmschädel).

Zu den häufigsten Tumoren des Kindes gehören die Tumore des Gehirns und zwar die gutartigen Pilozytischen Astrozytome, wobei die Heilung durch eine komplette chirurgische Resektion möglich ist. 

Das Medulloblastom ist der häufigste bösartige ZNS-Tumor bei Kindern, das schnell in Richtung des Kleinhirngewebes wächst und Metastasen entlang der Hirnwasserwege (Liquorräume) bilden kann. In diesem Fall besteht die Therapie aus einer kompletten chirurgischen Resektion und anschließenden Chemo- und Strahlentherapie.

Zu erwähnen wären auch die Ependymome, die in der hinteren Schädelgrube zu finden sind und langsam wachsen, sowie die Kraniopharyngeome, die sich in der mittleren Schädelgrube entwickeln.

Die Arnold-Chiari-Malformation (benannt nach dem österreichischen Pathologen Hans von Chiari und dem deutschen Pathologen Julius Arnold) ist in den meisten Fällen eine embryonale (6–10 SSW) Entwicklungsstörung, aber kann, als Folge von Hydrocephalus, Tumoren, Mikrocephalie oder Craniosynostosen und Liquorverlustsyndrom, auch postnatal bzw. auch im Erwachsenenalter entstehen.

Bei der Arnold-Chiari-Malformation kommt es zu einer knöchernen Fehlbildung im Bereich der hinteren Schädelgrube und dadurch werden Kleinhirnanteile (Kleinhirntonsillen) durch das Foramen Magnum in den Rückenmarkskanal (Spinalkanal) verdrängt.

Die Diagnose einer Arnold-Chiari-Malformation erfolgt mit Hilfe der Magnetresonanztomographie; bei Knochenstrukturanomalien wird zusätzlich eine Computertomographie durchgeführt. 

Aufgrund der unterschiedlichen Ausprägungen wird die A.-C.-Malformation in die A.C. Typ I, II, III und IV klassifiziert.

Bei einer A.C.-Malformation Typ I wird eine Dekompression der hinteren Schädelgrube über eine Kraniektomie indiziert. Dabei werden die Kleinhirntonsillen reseziert, die Cisterna Magna (Fläche zwischen Cerebellum, Kleinhirn, und dem verlängerten Mark, Medulla Oblongata) und die Liquorwege wiederhergestellt und die knöchernen Fehlbildungen des Schädels korrigiert.
Beim Typ II wird zunächst operativ durch einen ventrikulo-peritonealen Shunt eine Abflußmöglichkeit für das sich stauende Hirnwasser geschaffen.

Dekompressionen sind bei den A.-C. Typen II, und besonders bei III und IV sehr risikoreich und werden nur in Ausnahmefällen indiziert.

Weiteführende Dokumentation: Chiari malformations: classification, treatment and prognosis, history and etymology